Ich bin ein Straußenküken, das zusammen mit 14 anderen im Mai 2014 aus Rheinland-Pfalz nach Thüringen gezogen ist. Es war damals alles ganz schön aufregend, aber wir haben uns mittlerweile prima eingelebt und sind auf dem Straußenhof Kleinhettstedt „die Großen“. Ich möchte dir an dieser Stelle ein wenig über die Familie der Straußenvögel und das Leben so als Strauß erzählen.
Einige meiner Verwandten des Straußes (Struthio Camelus) leben heute noch frei in Afrika und wir gehören zur Familie der Laufvögel, ebenso wie meine Vettern Nandu (Südamerika), Kiwi (Neuseeland), Emu und Kasuar (Australien). Auf der Erde gibt es uns seit etwa 55 Millionen Jahren, zuerst wohl in den Steppen Asiens.
Meinen Papa nennt man Hahn und die Mama Henne:
Papa hat schwarzes Gefieder mit weiß abgesetzten Federn an den Flügeln, die Mama trägt ein schlichtes grau-braunes Federkleid am ganzen Körper.
Die Männer können bei uns Straußen bis zu 2,70 m groß und ca. 140 kg schwer werden, die Frauen sind wie bei euch Menschen etwas kleiner und leichter.
Wenn wir viel Glück in der Natur haben, können wir 60 bis 70 Jahre alt werden.
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dem Nordafrikanischen Strauß – der ist pechschwarz und hat eine rote Halsfarbe. Er lebt in den Savannen Westafrikas und ist über die Sahelzone bis ins westliche Äthiopien verbreitet; nördlich der Sahara ist er ausgestorben
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dem Somali-Strauß – dieser sieht ebenso pechschwarz aus, trägt aber Blaugrau als Halsfarbe und besiedelt Somalia und das östliche Äthiopien
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dem ostafrikanische Strauß mit braunschwarzer Färbung und rötlicher Halsfärbung - Er lebt in Kenia und Tansania.
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und dem südafrikanische Strauß, welcher pechschwarz gefärbt ist mit blaugrauem Hals. Ihn findet man im südlichen Afrika.
Da bin ich wieder. Jetzt will ich dir ein paar Dinge zu mir als Vogel erzählen. Als Strauß kann ich nicht fliegen, ich bin hierzu ein wenig zu schwach auf der Brust, meine Brustmuskulatur ist deutlich verkümmert, die Federn der Flügel haben sich daher zu Schmuckfedern umgebildet, die mich ungemein kleiden.
Mit meinen langen, außerordentlich kräftigen Beinen und dem hervorragenden Sehvermögen entgeht mir fast nichts. Sollte mir etwas nicht ganz geheuer erscheinen oder mich erschrecken, bin ich mit einer Höchstgeschwindigkeit von bis zu 70 km/h und der Fähigkeit dabei scharfe Haken zu schlagen, ganz schnell weg. Meine spätere ziemlich imposante Beinkralle lässt mögliche Angreifer, wie Löwe oder Leopard, zweimal überlegen, ob sie es mit mir aufnehmen.
So jetzt reicht`s erst einmal, mein Kleiner. Nun kommen die Dinge, von denen du noch nicht so viel verstehst. Daher erzählt mal die Tante weiter. In freier Natur schließen wir erwachsenen Strauße uns außerhalb der Paarungszeit zu Gruppen von bis zu 100 Tieren zusammen, in denen dominante Tiere, bei euch heißen die wohl „Machos“, als Leittiere dienen. Wir leben aber hier auf dem Straußenhof in gesitteteren Verhältnissen. Man nennt unsere Familie „Zuchtgruppe“, wobei ein Hahn mit zwei oder drei Hennen zusammenlebt. In diesem kleinen Harem hat er jedes Jahr eine Lieblingshenne.
Wir sind bei entsprechendem Umgang sehr ruhige und neugierige Tiere, die nur selten boshaft werden. Eine Ausnahme bildet dabei unser Hahn in der Balz. Da ist es weder für uns noch für den Züchter einfach, eine einigermaßen normale zwischenstraußliche / -menschliche Beziehung aufzubauen. Am besten, man lässt ihn in Ruhe. Irgendwann beruhigen sich die Hormone wieder. Bedenke immer, dass wir Fluchttiere sind und nähere dich stets ruhig und ohne laute Geräusche. Dann kann man sehr gut beobachten und stets etwas Neues dabei entdecken.
Im späten Winter beginnen sich nicht nur bei unserem Familienoberhaupt, dem Hahn, die Gefühle zu regen,auch wir Hennen kommen in die Balz. Wenn du einmal etwas so richtig Imposantes erleben willst, dann komme im Frühjahr auf dem Straußenhof vorbei und betrachte uns beim Balzen.
Unsere Balzzeit erstreckt sich von Februar bis August / September. In dieser Zeit verfärben sich Schnabel und Beinplatten des Chefs intensiv rot. Er verteidigt in dieser Zeit sein Revier sehr vehement gegen alle Eindringlinge. Wir als Hennen legen dann bei guter Versorgung und Betreuung jeden zweiten bis dritten Tag (mit einigen Pausen besonders bei Hitze) ein Ei. So ein Ei ist ca. 15 cm lang und 13 cm breit, es wiegt im Durchschnitt 1500g. Die Menge entspricht etwa 25-30 Hühnereiern. Es ist sehr robust und kann Belastung von über 80 kg aushalten ohne zu zerbrechen. Jedoch verschwinden unsere Eier mit konstanter Regelmäßigkeit aus dem Nest, obwohl unser Hahn sie fast ausnahmslos streng bewacht.
Im Winter gibt es dann neben Kraftfutter vor allem Heu, Grassilage und ab und zu mal ein Leckerli.
Das ist übrigens mein Nachbar, ein knallharter Typ. Er hat die ganze Nacht bei Schnee und Kälte mit seinen Mädels draußen verbracht.
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Das weißt du ja schon. Der Strauß ist der schwerste und größte flugunfähige Vogel.
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Außerdem sind wir die schnellsten flugunfähigen Vögel (70 – 90 km/h).
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Der Strauß hat das größte Auge aller Vögel.
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Wir legen die größten Eier in der Vogelwelt.
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Als einzige Vogelart haben wir Strauße nur 2 Zehen – dadurch können wir schneller rennen.
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Auch die Länge unserer Beine ist in der Vogelwelt unerreicht.
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Zum Abschluss – Unsere Lebenserwartung von bis zu 70 Jahren ist bei den Federtieren eine recht gute Hausnummer.
Schaut uns einmal ein bisschen länger und genauer bei unseren Tagesgeschäften zu und ihr werdet die Ursachen für dieses Gerücht erkennen.
Besonders der junge Strauß legt bei Gefahr seinen Kopf mit ausgestrecktem Hals flach auf den Boden. Dies dient der Tarnung. Seine natürlichen Feinde, beispielsweise Löwen, verwechseln den Strauß dann leicht mit einem Busch in der Landschaft. Kommt man ihnen zu nahe, so springen sie auf und sausen davon. Und bei einer Fluchtgeschwindigkeit von über 70 km/h und unserer scharfen Kralle gibt es wirklich keinen Grund, den Kopf in den Sand zu stecken.
Außerdem picken wir Strauße die Nahrung fast ausschließlich vom Boden auf. Wir haben also den Kopf sehr oft am Tage unten auf der Erde. In der Wüste kann diese bei Hitze und Luftspiegelung aus einiger Entfernung so aussehen, ob der Strauß seinen Kopf tatsächlich in den Sand steckt.
Also, es ist nichts dran an dem „Kopf in den Sand stecken“.